Friedensimpulse 2017

„Wir sind in Chemnitz am Anfang eines Weges“

lautete das Fazit des Moderators Lars Neuenfeld zu dem Podium

CHEMNITZER FRIEDENSIMPULSE 2017
am 2. März 2017, 19 Uhr, im Schauspielhaus Chemnitz, Ostflügel.

Unter dem Motto
„Eine Welt – eine Stadt – ein Haus“
Was kann eine Stadt zur Integration und damit zum inneren Frieden beitragen?

erlebten 60 Gäste (Deutsche und Migranten) sowie 5 Podiumsteilnehmer eine friedliche und durchaus kontroverse Diskussion, unter reger Nutzung eines zusätzlichen Stuhls für Beiträge aus dem Publikum.

Das Thema Integration hat viele Facetten. Das wurde klar mit den verschiedenen Blickwinkeln, der Podiumsteilnehmer:
Sabine Kunze – von der IHK Chemnitz, Katja Loße – als Vertreterin der GGG, Rola Saleh – vom Sächsischen Flüchtlingsrat e.V., Dr. Wolfgang Lambrecht – TU Chemnitz, als Geschäftsführer des Internationalen Universitätszentrums sowie Abdulsalam Absi – als Imam der Masjid Moschee Chemnitz.

Chemnitzer Friedensimpulse 2017

Der erste Schwerpunkt der Diskussion war die Integration von Flüchtlingen und Migranten in den Arbeitsmarkt. Frau Kunze von der IHK sprach über die Erwartungen der Unternehmer an die Abschlüsse und Qualifizierungen der Zuwanderer, aber auch über die Probleme, die es bei der Integration ausländischer Beschäftigter in deutsche Belegschaften geben kann. Es wurde auch benannt, welchem Alltags-Rassismus ausländische Beschäftigte manchmal ausgesetzt sind. Ganz entschieden wurde von mehreren Migranten gefordert, dass die Zugangsmöglichkeiten in Arbeit flexibler werden müssen.

Abdulsalam Absi - Imam der Masjid Moschee ChemnitzDr. Wolfgang Lambrecht - TU ChemnitzRola Saleh - Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.

An der Technischen Universität Chemnitz studieren ca. 11000 Studenten, etwa ein Viertel, nämlich 2800 kommen aus dem Ausland. Die TU hat schon lange einen nicht unerheblichen Anteil ausländischer Mitarbeiter und Studierender, für die mehrere Integrationsprojekte angeboten werden. Doch die Universität kümmert sich auch vorbildlich um Flüchtlinge. Herr Dr. Lambrecht verdeutlichte, dass viele Migranten nach einem Studium gern in Chemnitz bleiben würden, aber oft der Übergang in den Berufseintritt nicht gelingt. Das liegt sowohl an aufenthaltsrechtlichen Bedingungen als auch daran, dass Unternehmen vor Ort nicht wahrgenommen und damit nicht als potentielle Arbeitgeber in Betracht gezogen werden. Frau Saleh vom Sächsischen Flüchtlingsrat beschrieb, dass auch der erlebte Rassismus in Chemnitz Studenten aus der Stadt verscheucht.

Sabine Kunze - IHK ChemnitzKatja Loße - Vertreterin der GGGChemnitzer Friedensimpulse 2017

Es braucht große Anstrengungen, besonders auch von Migranten-Organisationen, den Neuankömmlingen die Grundzüge der deutschen Gesellschaft und ihre kulturellen Eigenheiten zu erklären und sie auf dem Weg zu einer Wohnung und einer Arbeit zu begleiten, so Herr Absi, Imam der Masjid-Moschee. Aber auch die positiv erlebte Nachbarschaft spielt eine immense Rolle. Frau Loße von der GGG berichtete, dass Flüchtlinge, die eine Nachbarwohnung beziehen, den anderen Mietern vorgestellt werden, um Ängste und Vorurteile abzubauen und ein gutes Miteinander zu erreichen. Doch dieser, sicher nachvollziehbare und gutgemeinte Ansatz stieß nicht bei allen auf Zustimmung. „Man kann das auch wie ein Vorführen im Zirkus verstehen“ – bemerkte eine Sozialarbeiterin. Auch die Diskriminierungen, denen Migranten nicht selten bei der Wohnungssuche ausgesetzt sind, wurden anschaulich geschildert.

Nancy Gibson - Musikschule ChemnitzTukayana Paulo-König - CultraFrank Blumstein - Bürgerverein FUER CHEMNITZ e.V.

Der leere Stuhl im Podium wurde sowohl von Migranten als auch von Deutschen intensiv genutzt, um ihre Sichtweisen in die Debatte einzubringen. Das offenbarte eine hohe Diskussionskultur. Wir bedanken uns bei allen Podiumsteilnehmern und Gästen für diese lebendige, ehrliche und tiefgreifende Debatte, die sicher einer Fortsetzung bedarf, denn, so Rola Saleh: „Integration ist keine Einbahnstraße.“