Bomben auf Chemnitz – die Fakten

Bis zum Frühjahr 1944 blieb Chemnitz von Luftangriffen weitgehend verschont, weil die Stadt noch außerhalb der Reichweite der alliierten Bomberverbände lag. Ab Mai 1944 setzten die Tages-Präzisionsangriffe der 8. US-Luftflotte ein, die den Stätten der Rüstungsproduktion galten. Sie beruhten allerdings auf unzulänglichen und veralteten Informationen über die kriegswichtigen Betriebe und waren insgesamt nicht sehr wirkungsvoll; der Rüstungsausstoß wuchs in Chemnitz weiter bis Anfang 1945.

Um die Großoffensive der Roten Armee zu unterstützen, wurden am 26. Januar 1945 die britischen Bomberverbände angewiesen, massive Angriffe gegen die noch weitgehend funktionsfähigen Ballungszentren Mitteldeutschlands zu fliegen. Bei diesen nächtlichen Flächenangriffen der Royal Air Force sollten vor allem die Stadtzentren getroffen und so die Moral der Bevölkerung gebrochen werden.

Mit rund 700 Bombern startete die britische Luftwaffe zum großen Doppelschlag gegen die beiden letzten intakten Großstädte des Deutschen Reichs: nach Dresden am 13./14. Februar und nach Chemnitz in der folgenden Nacht. Die Attacke auf Chemnitz misslang weitgehend; unsere Stadt (Codename „Blackfin“) blieb daher weit oben auf der Prioritätenliste.

Vor dem Bombenangriff
Britische Luftaufnahme des Chemnitzer Marktes
vor der Bombardierung
Nach dem Bombenangriff
Der gleiche Innenstadtbereich
nach der Bombardierung

 

 

Der nächste Generalangriff auf die Chemnitzer Innenstadt war für den 4. März geplant, musste aber wetterbedingt auf den 5. März verschoben werden. Die Hauptangriffswelle wurde von 683 Flugzeugen der Typen Lancaster und Halifax geflogen; zwischen 21.37 und 22.08 Uhr warfen sie zielgenau zunächst 413 Luftminen mit rund 800 t ab und dann 859 t Brandbomben und schließlich 1112 t Sprengbomben. Die Chemnitzer Innenstadt ging in einem Flammeninferno unter.

Vom 6. Februar bis zum 11. April 1945 rollten insgesamt 10 Luftangriffe gegen Chemnitz. Die daran beteiligten 2881 Bomber warfen 7716 Tonnen Sprengmittel und Brandsätze über dem Stadtgebiet ab. Bei diesen Luftangriffen kamen etwa 3600 – 4000 Menschen in Chemnitz ums Leben, über 2100 davon in der Nacht vom 5./6. März.

Mehr als doppelt so viele Chemnitzer, nämlich rund 8300 Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS, fielen im 2. Weltkrieg bei aktiven Kriegshandlungen. Insgesamt muss also mit über 12000 Kriegstoten gerechnet werden, also ca. 3 % der Chemnitzer Vorkriegsbevölkerung.

Die Innenstadt hat es am härtesten getroffen: Sie wurde zu 80 % vernichtet. Im gesamten Stadtgebiet wurden völlig zerstört:

  • 167 Fabriken; allerdings nur 17 der 50 Fabriken mit höchster Angriffspriorität
  • 84 (von 400) öffentliche Gebäuden
  • rund 27.000 Wohnungen (= ein Viertel aller Wohnungen)

Nach sorgfältiger Prüfung der Aufklärungsaufnahmen wurde in der englischen und amerikanischen Presse zwei Tage später Chemnitz „als weitere tote Stadt abgeschrieben“.

Vor dem Bombenangriff

Nach dem Bombenangriff

Diese beiden Luftaufnahmen (samt der Doppel-Überschrift) bilden die Chemnitzer Karteikarte in der 1945 von der britischen Luftwaffe angelegten Dokumentationskartei